Gut, verstanden haben wir uns nicht.
Wir haben beide nicht bekommen was wir uns wünschten.
Wir haben uns immer nur um unsere eigenen Wünsche
gekümmert und nie um die des Anderen.
Was für mich blau war, war für dich gelb und bei
Orange haben wir noch viel weiter auseinander gelegen; aber
mußtest Du mir denn gleich den Kopf absägen?
Ich kann Dir sagen, man fühlt sich ganz schon eigenartig so ohne Kopf.
Bluten tut es nun schon seit etlicher Zeit nicht mehr aber ich finde ich
hätte es verdient, daß du mir wenigstens mitgeteilt hättest,
was Du mit dem mir lieb gewordenen Körperteil vorhast.
Vermutlich steht er irgendwo im Abseits in deinem unaufgeräumten
Schlafzimmer und wird Zeuge deiner neuerlichen Schandtaten, zu denen
du dich schon immer hingezogen gefühlt hast.
Wenn dich jemand fragt:"Sag mal, wer steht denn da auf der
Kommode?" höre ich dich sagen:"Das ist mein Ex,
beachte ihn nicht, er war nur Statist in meinem Leben. So wie er
jetzt da steht, zum Schweigen gezwungen ist, nimmt er eine interessantere
Rolle in meinem Leben ein, als noch vor ein paar Monaten, wo er mich permanent
durch seine wenig originellen Phrasen langweilte."
An einem hat sich nichts
geändert, ich bin immer noch Komparse und führe ein Schattendasein.
Die Bühne des Lebens sah ich in unserer Beziehung immer nur dann, wenn es
nach der Vorstellung ums aufräumen ging. Hauptdarsteller waren Andere.
Ich gehörte zum Aufräumkommando, zum Reinigungspersonal. Daß
ich hier die Leitung übernehmen durfte, war nur ein kleiner Trost für
den Anfang.
Die nächtlichen Vorstellungen auf Deiner Bühne waren interessant.
Manchmal habe ich mich in der Umkleidekabine der Protagonisten versteckt und
durch ein Loch in der Wand die Aufführung beobachtet, dich bewundert
für die harmonische Choreographie deiner Stücke. Auch das Publikum
konnte ich sehen. Illustre Menschen saßen im Zuschauersaal, und es ist
kein Geheimnis, auch sie haben Dich bewundert, haben dir zugejubelt und sich
gerne in Deiner Nähe aufgehalten, um einwenig von den Strahlen deines
Glanzes abzubekommen.
Eines blieb mir jedoch unergründlich: deine ungebrochene Vorliebe
für das Drama. Alle Helden mussten im fünften Akt ihr Leben lassen.
Wohin nur mit den ganzen Köpfen?
Alle Stauräume in Deiner Wohnung quollen schon über mit Köpfen
ehemaliger Protagonisten, selbst im Schuhschrank war kein Platz mehr.
Ich hatte mir schon überlegt, ob nicht der örtliche Fußballverein
eine Verwendung für die Köpfe hätte, dann wäre wenigstens
wieder etwas Platz für Schuhe freigeworden.
Dein Schauspielhaus ist bestimmt noch immer gut besucht.
Vielleicht liegt das daran, daß du es wert bist, für
dich den Kopf zu verlieren. Dennoch, ich bin sehr froh, daß
ich das nun alles hinter mir habe.
Das Sägen hat ganz schon lange gedauert. Zum einen weil das Sägeblatt,
ob des häufigen Gebrauchs, bereits sehr stumpf geworden war und zum anderen,
da ich mich bei der Prozedur nicht gerade geschickt angestellt habe.
Wochenlang dieses Sägen durch Haut, Fleisch und Gebein und das ewige
Stillhalten hat mich ausgelaugt und mürbe gemacht. Jetzt stehe ich rum
und habe wenigstens meine Ruhe. Auf der Kommode im Schlafzimmer ist ein Ehrenplatz,
verglichen mit Schuhschrank oder der Abstellkammer. Im Grunde sogar besser als die
Leitung des Reinigungspersonals.
Ich möchte dir danken für alles, was du für mich getan hast.